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Wieder Straßenbahn von Straßburg nach Kehl

Neue Straßenbahnbrücke Kehl—Strasbourg; F.: U. Müller

Nach fast 100 Jahren der Unterbrechung, lediglich mit Ausnahme während der deutschen Besatzung des Elsass zwischen Mai 1942 und November 1944, verkehren jetzt wieder Straßenbahnen von Straßburg nach Kehl. Neben Basel — Weil am Rhein ist dies die zweite grenzüberschreitende Straßenbahnlinie am Oberrhein. Im Dezember wird eine dritte Tramlinie zwischen Basel und St. Ludwig im Elsass dazu kommen.

Durch die Grenze seit dem 1. Weltkrieg konnte ein stabiler Fahrplan über den Rhein durch die sehr strengen Pass- und Zollkontrollen nicht mehr eingehalten werden, da infolge der beginnenden Inflation sich damals bereits ein lebhafter Einkaufstourismus entwickelte, der aufwändige Zollkontrollen nach sich zog. Überhaupt war das Hanauer Land um Kehl herum seit alters her der Lebensmittellieferant Straßburgs. Die Bahnen endeten aufgrund der neuen Verhältnisse am Westkopf der Rheinbrücke. Am Ostkopf konnte weiterhin in die ursprünglich ab 1892 von den Straßburger Straßenbahnen in Baden betriebenen Dampfstraßenbahnzüge nach Lahr, Offenburg, Bühl und Rastatt umgestiegen werden.

Seit 1994 wurde das bis 1960 stillgelegte Straßburger Straßenbahnnetz sukzessive wieder aufgebaut und erste Überlegungen zum Anschluss Kehls an das im Werden begriffene Straßenbahnnetz angestellt. Ab 2007 endete die Linie „D“ an der Haltestelle „Aristide Briand“, wo Anschluss mit dem Bus nach Kehl bestand. Trotz der ungünstigen Umsteigeverhältnisse „über die Straße“ und der durch die ewig verstopfte Europabrücke samt Zufahrten verspäteten Busse, stieg die Zahl der Busnutzer ständig an. Es lag also auf der Hand, für die Fahrgäste eine umweltfreundliche umsteigefreie Tramverbindung zu schaffen.

Mit dem ersten Spatenstich am 26.2.2014 auf dem Gelände des ausgedienten französischen Zollhofes begann der Bau der in Zukunft rund 3,5 km langen Strecke, die auf Straßburger Seite im Wesentlichen der ursprünglichen Linienführung von 1896 folgt und vorübergehend auf dem Kehler Bahnhofsvorplatz endet. Bis Dezember 2018 wird sie dann ihren ehemaligen Endpunkt am Kehler Rathaus wieder erreicht haben. Entlang der Tramstrecke wird gleichzeitig durch den Bau von modernen Wohn- und Geschäftshäusern eine städtebauliche Aufwertung der momentan noch bestehenden Hafen- und Industriebrache angestrebt. Markante Wahrzeichen sind die imposanten Bogenbrücken über das Vaubahn-Becken und über den Rhein.

Sechs Wochen nach der festlichen Einweihung am 28./29. April unter Anteilnahme von rund 110.000 Besuchern aus Nah und Fern, haben sich die Prognosen der Planer bestätigt: Im ersten Monat des Betriebes wurden im Durchschnitt 8.000 Fahrgäste täglich gezählt, samstags sogar 10.000. Das bedeutet in etwa eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen gegenüber den Bussen. Es wird davon ausgegangen, dass 20 % der rund 36.000 Autofahrer über den Rhein auf die Bahn umsteigen werden oder teilweise schon umgestiegen sind. Erfreulich auch ist, dass schon jetzt durch den entfallenen Busbetrieb ca. 350 t CO2 weniger anfallen. Die insgesamt 120 Mio. Euro Baukosten dürften also gut angelegt sein.

Nicht die Technik, sondern die Findung eines gemeinsamen Tarifs zwischen den CTS und der Tarifgemeinschaft Ortenau (TGO) waren das größte zu überwindende Hindernis an diesem länderübergreifenden Projekt, das aber auch gemeistert werden konnte. Fast unschlagbar sind die Fahrpreise der CTS, die beispielsweise ausgedruckte Einzelfahrkarten am Automaten für 1,70 € oder 24-h-Karten für 4,30 € anbieten. Vergleichsweise kostet eine KVV Einzelfahrt im Stadtgebiet von Karlsruhe oder Baden-Baden 2,40 € oder die Tageskarte 6,30 €. Noch günstiger sind die von den CTS ausgegebenen aufladbaren „Badgeo“-Plastikkarten, auf denen sehr stark rabattierte Fahrten z. B. im 30er Pack erworben werden können. Dann kostet die Einzelfahrt nur noch 1,27 €, also knapp die Hälfte einer Einzelfahrt im KVV. Vorteil dieser „Badgeo“ ist, dass diese analog in den Verkaufsstellen oder am Automaten aufgeladen werden können. Der Fahrgast benötigt kein elektronisches Endgerät. Ein Vorteil für Kinder und Senioren und für alle die, die skeptisch der Elektronik gegenüber stehen.

Die großzügigen Tram-Ausbauprojekte und günstigen Fahrpreise sind in Frankreich einer Nahverkehrsabgabe zu verdanken, die alle Unternehmen mit mehr als 9 Mitarbeitern zu entrichten haben. In Tübingen wurde erst kürzlich der Versuch Boris Palmers auch dort eine Nahverkehrsabgabe einzuführen, erfolgreich abgelehnt ...

Ullrich Müller

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/17

Stand des Artikels: 2017! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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